Wertschätzung und Empathie sind wichtige Instrumente für dich als Führungskraft. Weshalb sie in deinem Führungsalltag so entscheidend sind, wie du die beiden voneinander abgrenzt und wie du diese richtig anwendest, das erfährst du hier.

Die Unterscheidung zwischen Wertschätzung und Empathie ist häufig unklar. Eine kurze Definition der beiden Begriffe und ein Blick darauf, wann das eine, wann das andere benützt wird, räumen mit der Unübersichtlichkeit auf.

Definition Wertschätzung 
Der Begriff «Wertschätzung» bedeutet die Anerkennung eines Menschen, so wie er ist – mit seinen Stärken und Schwächen, die von dir als Führungskraft wahrgenommen werden. Dazu gehören Respekt, Wohlwollen, Interesse und Freundlichkeit. Diese grund­sätz­liche Anerkennung eines Menschen ist die Überschrift beim Thema Wertschätzung.

Jede Art von Wertschätzung fusst auf der Grundhaltung «Gut, dass es dich gibt!». Das Gegen­teil von Wert­schätzung ist Geringschätzung, die bis hin zur Verachtung gehen kann.

Wertschätzung gehört zu den grund­legenden menschlichen Bedürfnissen. Der amerikanische Psychologieprofes­sor Abraham H. Maslow (1908–1970) hat eine Pyramide entwickelt, welche die unterschiedlichen Bedürfnisse des Men­schen aufzeigt. Er unterscheidet zwi­schen Grundbedürfnissen, die erfüllt sein müssen, damit in­dividuelle Ziele überhaupt in Angriff genommen werden können und Bedürf­nis­sen, welche die persönliche Entwicklung fördern, wenn sie erfüllt sind.

Wertschätzung kommt gleich nach den Grundbedürfnissen Nahrung, Sicherheit und Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Sie wird an der Grenze zwischen den Grundbedürfnissen, die auf jeden Fall erfüllt sein müssen, und den Wachstumsbedürfnissen eingestuft. Diese Tatsache zu beach­ten, ist beim Thema «Füh­rungs­kom­petenz Wertschät­zung» wichtig.

Wertschätzung und ihre Anwendung
Ebenso wichtig wie das Bewusstsein, dass Wertschätzung zu den Grund­bedürfnissen des Menschen gehört, ist die Art und Weise, wie du Wert­schätzung ausdrückst. Hier ist deine Authentizität gefragt. Sage nur das, was du wirklich meinst. Und nicht das, von dem du glaubst, dass es dein Gegenüber hören will.

Rund 70 Prozent unserer Kommunikation ist unbewusst und spielt sich auf der Ebene der Körpersprache ab. Körperhaltung, Stimmlage, Lautstärke, Gestik, Mimik, Blick­kontakt und auch der Händedruck gehören dazu. Du kannst dir bei deinem Wertschätzen noch so viel Mühe geben – wenn du es nicht ehrlich meinst, wirkt die Wertschätzung aufgesetzt, flach und unglaubwürdig. Die Körpersprache folgt nicht deinem Willen, sondern deinen unbewussten Gefühlen, die sich körperlich ausdrücken und so auch sichtbar sind.

Im Gegensatz zur Einfühlung, die du in Momenten grosser oder kleinerer Belas­tungen aussprichst, ist Wertschätzung etwas, das du immer aussprechen kannst. Während einer Wertschätzung öffnest du für einen Moment ein Zeit­fenster und verlangsamst das Alltagstempo. So gibst du dem Gesagten Gewicht. Deine Chance ist damit grösser, dass dein Gegenüber dich tatsächlich wahrnimmt und deine Anerkennung hört. Du benötigst nicht viel Zeit. Wichtig sind deine Präsenz und deine Klarheit in dem, was du mitteilen möchtest. Gute Möglichkeiten sind:

  • zu sagen, was gut gemacht wurde und wann,
  • zu erwähnen, welchen Nutzen oder Gewinn das Erledigte oder Erreichte bewirkt,
  • und zu danken.

Kontraproduktiv sind Wertschätzungen «zwischen Tür und Angel» und wenn du nicht klar aussprichst, was genau du wertschätzt. Das führt zu Missverständnissen, Interpretationen, was du vielleicht gemeint haben könntest, oder zu Ärger und Ratlosigkeit.

Fehlende oder unklare Wertschätzung bewirkt:

  • Frustration und Ärger
  • Befürchtungen
  • passiven Widerstand

Definition Empathie
Empathie stammt aus dem Griechischen, bezeichnete eine heftige Gefühlsregung und wurde mit «Leidenschaft» übersetzt. Unter Empathie versteht man im Allgemeinen die Fähigkeit, Gedanken, Emo­tionen, Absichten und Charakterzüge eines Menschen zu erkennen und zu ver­stehen. Sie wird als kognitive Empathie bezeichnet. Emotionale Empathie bedeutet, dass man die Emotionen anderer Menschen, wie Trauer oder Schmerz, erkennt und darauf reagiert. «Einfühlungsvermögen» ist die deutsche Übersetzung für das Wort «Empathie», das im deutschsprachigen Raum erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingeführt wurde.

Empathie und ihre Anwendung
Empathie ist die wohltuende Brücke zwischen dir und einer anderen Person. Du verlangsamst für einen Augenblick das Alltagsgeschehen, um den Blickwinkel zu wechseln und Verständnis zu zeigen. Empathie braucht meistens nicht viel Zeit, sondern nur einen Moment deiner Präsenz.

Zum Beispiel ist es ausreichend zu sagen: «Ja, wir haben jetzt gerade sehr stressige Zeiten!» Verständnis zu zeigen bedeutet, den Fokus auf das Erleben des Gegenübers zu legen und sich selbst für kurze Zeit in den Hintergrund zu stellen. Wenn du empathisch bist, findest du die richtige Mischung zwischen Zuwendung und Abgrenzung. Zu viel Zuwendung ist distanzlos und unangenehm.

Wenn du dich hingegen zu sehr abgrenzt, koppelst du dich vom Geschehen ab und bist desinteressiert. Kontraproduktiv sind auch Interventionen, bei denen du herunterspielst, was dein Gegenüber erlebt, indem du eine beschwichtigende Aussage machst. Bei unserem Beispiel könnte dies eine abschwächende Antwort sein: «Ach, nimm es doch einfach etwas leichter!» Eine solche Bemerkung wirkt eskalierend, auch wenn sie gut gemeint ist. Die angesprochene Person fühlt sich unverstanden, nicht gehört und nicht abgeholt im eigenen Erleben und wird ärgerlich, irritiert oder deprimiert.

Ebenfalls eskalierend wirken Erzählungen von eigenen, ähnlichen Erlebnissen. Wer Empathie braucht, ist nicht offen für die Geschichten anderer Menschen. In diesem Moment braucht er selbst die ungeteilte Aufmerksamkeit. In unserem Beispiel tönt das so: «Ja, das kann ich verstehen. Ich war früher auch oft so gestresst. Ich habe dann … gemacht. Das hat mir geholfen und heute kann ich das gut bewältigen.»

Wenn das Gegenüber in einem Moment der Belastung Verständnis braucht, ist der richtige Moment gekommen, um empathisch zu sein und Verständnis zu zeigen. Empathie ist deshalb situationsbedingt.

Sofortige Stressreduktion durch Wertschätzung und Empathie
Wertschätzung und Empathie bewirken beim Gegenüber eine sofortige Stressreduktion auf verschiedenen Ebenen:

Körperlich

  • Entspannung der Muskulatur im gesamten Körper
  • Anstieg der inneren Dynamik
  • angenehmes, gestärktes Körpergefühl

Geistig

  • Mut zur Inspiration und Kreativität
  • Motivation und Einsatz
  • Durchhaltewillen auch in schwierigen Situationen

Emotional

  • Vertrauen und Sicherheit
  • Loyalität mit dem Unternehmen
  • Freude an der Situation und an der Arbeit

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